Back to normal but different

01.12.22

Es war alles wie früher, fast. Als wären seit dem letzten Weihnachtsmarkt nicht drei denkwürdige, oft komplizierte Jahre vergangen. Doch der Mäckingerbach rauschte immer noch durchs Tal, in der alten Seilerei drängten die Besucher wieder an unseren Ständen vorbei, stellten die erwartbaren Fragen, trennten sich im erhofften Umfang von ihrem Geld; und selbst die Überraschungen blieben im Rahmen der Statistik. An drei Tagen sieben streitende Paare, 12 Menschen mit Leuchtgerät im Haar und ein Gespräch, bei dem der Verkäufer vom Kunden etwas Neues über die Welt der Holzverarbeitung erfährt: das waren alles in allem erfreuliche Durchschnittswerte. 

Am Freitagmittag, kurz bevor der Markt seine Tore öffnete, hatte der Hausmeister seine Lesebrille vom Kopf auf die Nase geklappt, den Lampenschaden begutachtet und angesichts der nicht mehr lieferbaren Neonröhre eine Reparaturzeit von drei bis vier Jahren prognostiziert. Aber all die Baustellen auf dem Museumsgelände, warf ich ein, da könne doch an Geld und Gestaltungswille kein Mangel herrschen. »Bundesliegenschaft. Das Gelände gehört dem Bund, die Lampe gehört dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe.« Es schien ihn aber nicht weiter zu stören. So war das eben hier oben im Freilichtmuseum. Es gab Anpackschäden, und es gab Warteschäden.

Was es bisher nicht gegeben hatte, das waren Sturmschäden. Zumindest in dem Teil des Bergischen Landes, der  dem Museum als Kulisse dient. Doch die Borkenkäfer hatten sorgfältig vorgearbeitet, Ylenia, Zeynep und Antonia, als sie ihre Chance bekamen, nicht lange gefackelt und die Förster anschließend gründlich aufgeräumt. Und nun klafft am Waldhang ein Loch, groß wie ein Fußballfeld, was die adventliche Verzauberungsbereitschaft auf eine harte Probe stellt. Aber was soll's, noch einen Glühwein, Dämmerung abwarten, sich in den Anblick des unversehrten Hangs vertiefen, ganz fest nicht an Borkenkäfer, Furien und Förster denken – und schon klingen die Alphörner am Bratwurststand fast wie Musik.

Apropos. Nachdem ich Ihnen im letzten Jahr nach langem Zögern mein über Jahre verfeinertes Glühweinrezept verraten habe, hat der Weltherrscher Zufall vor einigen Wochen alles über den Haufen geworfen. Aus einer bezaubernden Ecke des Havellandes brachten wir Birnen mit nach Hause, um sie einzukochen. Als wir sie ein paar Tage später probierten, war die Enttäuschung groß – bis sie einer noch größeren Begeisterung wich. Die Birnen schmeckten fad und hart wie ein Bimsstein. Aber der Rotweinsud! Wir erhitzten ihn, stießen an, seufzten vor Genuss und gelobten, die Zutaten niemals zu verraten. Das Blatt im Schnee, das Sie auf dem Foto sehen, habe ich übrigens einige Wochen später in der Nähe des Birnbaums gefunden. Für seine Zweifarbigkeit ließe sich im Internet bestimmt eine einfache Erklärung finden. Vermutlich könnte man sogar durch Nachdenken darauf kommen. Aber vielleicht lässt man der Sache auch einfach ihren Zauber. Gelöste Rätsel gibt es schließlich schon genug. 

Ach so, was ich eigentlich sagen wollte: Ein paar Dinge sind wirklich wie immer. Falls Sie noch nach einem zauberhaften Weihnachtsgeschenk suchen, bitte sehr – Bühne frei…

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